Die Weltsynode könnte eine wichtige Pause für die Kirche sein
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Es geht einfach nicht ohne Pausen! Schon als Schüler war ich dankbar, wenn nach ein oder zwei anstrengenden Schulstunden die Klingel ertönte und man durchatmen konnte.
Fenster auf, frische Luft rein oder gleich auf den Pausenhof raus, Karten spielen herumflanieren, mit Schulkameraden über alles Mögliche reden, den Mädchen nachschauen, sein Brot oder seine Breze essen – in jedem Fall: Etwas völlig anderes als während des Unterrichts tun.
Und so ist das dann auch während des Studiums weitergegangen. Wie schön fand ich es, mit Kommilitonen und Freunden in die Bar der Jesuitenuniversität Gregoriana in Rom zu gehen, eine Zigarette zu rauchen (was damals noch erlaubt war) und einen Espresso zu trinken. Man tauschte sich aus, lachte, konnte auch Kritisches über das ein oder andere in der Vorlesung Gehörte äußern oder über ganz andere Dinge reden, Pläne schmieden: einen Kinobesuch oder einen Ausflug, eine Besichtigung in einem Museum planen und sich so in gewisser Weise der größeren als nur der eigenen kleinen Welt zuwenden.
Pausen halten noch heute diese wunderbaren Elemente für mich bereit. Für eine überschaubare Zeit kann ich loslassen, kann ich durchatmen, kann ich mich anderem und anderen zuwenden, werde ich fähig, meinem Leben ein Fenster in die Welt öffnen. Auf diese Weise leiste ich mir den Luxus, in kleinen Augenblicken neue Perspektiven einzusammeln und Dinge, die mich bislang ganz und gar in ihren Bann gezogen haben, für eine gewisse Zeit links liegen lassen zu können.
Wohl gemerkt: Pausen sind etwas anderes als Stockstarre. Sie haben auch nicht mit Friedhofsruhe zu tun und sie kennzeichnen erst recht nicht Stillstand und Unbeweglichkeit – ganz im Gegenteil!
Pausen sind vielmehr notwendig, um sich neuen oder auch wieder vertieft altbekannten Dingen und Themen widmen zu können. Ich denke, man braucht Pausen, um gestärkt, erholt und vielleicht sogar mit neuen Ideen und Erfahrungen zurück in den Alltag gehen zu können.
Die Synode soll nach den Worten von Papst Franziskus eine solche Pause für die Kirche darstellen. Vielleicht tut uns eine solche Pause in der Kirche tatsächlich einmal gut.
Nötig hätten wir sie allemal! Wir hetzen von einem wichtigen Thema zum anderen. Man denke nur an die furchtbaren Skandale sexualisierter Gewalt und des tausendfachen Missbrauchs, die gerade in Deutschland in den letzten Jahren mit immer neuen Steigerungen – endlich! – ans Licht der Öffentlichkeit getreten sind. Man denke die Themen der Änderung kirchlicher Strukturen, der Frage der Rolle der Frauen in der Kirche, der Inklusion von Menschen, die sich bislang von der Kirche an den Rand gedrängt und mitunter ausgeschlossen fühlen mussten. Man denke an die großen Themen der sozial-ökologischen Transformation, an den Klimawandel, an Krieg, Flucht, Migration – an so viele Probleme und Nöte dieser Welt und unserer Kirche, die einem in ihrer Dringlichkeit manchmal gar nicht mehr zur Ruhe kommen lassen.
Hier könnte die Synode ein Pausenzeichen setzen. Nicht um all das zu verdrängen, sondern um es gesamtkirchlich einzuordnen, mit anderen Perspektiven aus anderen Kontinenten und Mentalitäten zu bereichern und dann gestärkt und weniger gehetzt und getrieben, in der Harmonie durchaus unterschiedlicher Melodiestränge wieder neu und glaubwürdiger als bislang das Lied der einen Kirche zu singen, die allen Menschen Gottes Nähe vermitteln kann.
Pausen sind wichtig, wenn man sie nutzt…
Hinweis
Prof. Dr. Thomas Schwartz ist Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis und Teilnehmer der Weltbischofssynode zur Synodalität in Rom. Für katholisch.de berichtet er in einem eigenen Blog regelmäßig von seinen Eindrücken aus der Synodenaula.